01.01.2018

Tanja Cappell alias Frau Hölle im Interview

Tanja Cappell alias Frau Hölle war eine der ersten, die Handlettering in Deutschland bekannt machten. Auf Instagram ist sie sehr beliebt, gibt als Selbstständige Workshops im eigenen Studio, hat ein Buch geschrieben und steht nie still. Wir von ERREN haben in der trubeligen Weihnachtszeit mit ihr gesprochen.

Liebe Tanja, was hast du als letztes gelettert?

Ich bin in der "Weihnachtsletterei"! Ich glaube, ich habe seit Wochen nichts gelettert, das nicht mit Weihnachten zu tun hat. Für mich als Selbstständige im Kreativbereich ist die Vorweihnachtszeit eher voll als besinnlich – dementsprechend hatten andere Themen eher wenig Platz. Zuletzt habe ich Vorlagen für meine Weihnachts-Workshops gelettert.

Wann und wie hat dich das Lettering-Fieber gepackt?

Das habe ich meinem Instagram-Feed zu verdanken. Zu einer Zeit, in der noch keiner wusste, was das genau sein sollte, habe ich Posts von einigen amerikanischen Instagramern mit schöner Buchstabengestaltung gesehen – das müsste etwa Ende 2013, Anfang 2014 gewesen sein. Da wusste ich: Das möchte ich ausprobieren. Ich habe mir auf Umwegen die ersten Stifte im Ausland bestellt, mir die wenigen englischsprachigen Guides angesehen und einfach mal losgelegt.

Tanja Cappell bietet auf Ihrer Website Guides zu verschiedenen Themen im Letteringbereich an.

Du hast mittlerweile eigene, deutschsprachige Guides rausgebracht, unter anderem den Brush-Lettering-Guide. Was ist dir bei einem Brush Pen wichtig?

Ich glaube, ich hatte mittlerweile alle Brush Pens, die es auf der Welt so gibt, in der Hand. Für mich kommt es immer darauf an, was ich belettern möchte. Mit einem sehr sensiblen Brush Pen kann man zum Beispiel nicht auf Holz lettern, er geht bei raueren Oberflächen kaputt, ist dafür bei glattem Papier toll einzusetzen. Eine Tafel lässt sich wieder mit ganz anderen Stiften belettern als zum Beispiel eine Oberfläche aus Acryl.

Außerdem achte ich darauf, dass der Stift gut in der Hand liegt und auf einen gleichmäßigen, guten Tintenfluss.

Du arbeitest viel mit den Brush Pens ABT von Tombow. Was gefällt dir an ihnen?

Mein allererster Brush Pen war ein schwarzer ABT! Den habe ich damals für viel Geld in Japan bestellt, weil er in Deutschland noch gar nicht zu bekommen war. Es gibt ihn ja schon seit den 1980er Jahren, aber vor dem Letteringtrend war er vor allem in der Mangaszene bekannt.

Die Tombows haben ja eine sensible Pinselspitze aus Filz. Ich setze sie gerne bei Papier mit sehr glatter Oberfläche ein – bei Papier mit Struktur kann man sonst bei bestimmten Bewegungen die Stiftspitze beschädigen. Wunderschön ist die wahnsinnig große Farbpalette: Hier kann man sich richtig austoben. Die ABT’s sind wasservermalbar und lassen sich deswegen auch toll zum Kolorieren einsetzen. Selbst wenn man gar keine Aquarellerfahrung hat, kann man damit sehr leicht schöne Hintergründe und Effekte gestalten.

Ziemlich praktisch: Brush Pens und weitere Lettering-Utensilien in einem Set.

Gemeinsam mit Tombow hast du Lettering-Sets für Anfänger und Fortgeschrittene entwickelt. Was sagst du Followern und Workshopteilnehmern, die sich Lettering noch nicht richtig zutrauen?

Dass eine Sauklaue die beste Grundlage für tolle Lettering-Projekte ist. Schönes Handlettering hat nichts mit der eigenen Handschrift zu tun, das ist wie kochen und backen. Beim Lettering hat man ein ganz anderes Ziel als bei einer schnell hingekritzelten Notiz. Wichtig ist, dass man anerkennt, dass schönes Lettering Zeit und Geduld braucht. Die Hand braucht eine Weile, um sich an die Bewegungen zu gewöhnen und sie zu verinnerlichen. Mir ist wichtig, dass man sich nicht zu sehr mit anderen vergleicht – so geht der Spaß verloren und genau darum geht es ja eigentlich!

Buch, Baby, Business: Wie bekommst du als Selbstständige alles unter einen Hut?

Das frage ich mich im Moment auch jeden Tag! Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß, aber ich habe auch wichtige Unterstützung im Hintergrund: Meine Familie und mein Mann sind mir eine große Hilfe und Stütze. Außerdem habe ich jetzt eine feste Mitarbeiterin und wir ziehen gerade in ein eigenes Studio. Das wird langfristig entlastend sein, ist während des Umzugs allerdings noch etwas anstrengend. Das Baby in meinem Bauch lässt mich zum Glück fleißig arbeiten, dafür bin ich dankbar.

Und dann braucht man als Selbstständige nicht zuletzt Biss, Biss, Biss. Es muss okay sein, auch mal eine Woche mit etwas weniger Schlaf auszukommen. Dadurch darf man noch nicht die Lust und Laune oder das Ziel aus den Augen verlieren.

Leidenschaft ist der Motor für Tanja Cappell.

Welche Projekte stehen für die Zukunft an?

Mein wichtigstes Projekt ist derzeit natürlich mein "Cappelletti". Mit so einem Baby wird auf einmal alles unplanbar! Mitte April soll es auf die Welt kommen, ich möchte mich nach und nach so weit zurückziehen, dass ich einige Wochen um die Geburt herum abtauchen kann. Um all das zu tun, was "normale" Eltern auch so machen: Die Zeit mit dem Kind genießen, in der Elternzeit in den Urlaub fahren … Ich weiß aber, dass ich ohne Arbeit und Social Media einfach nicht kann. Ich bin eine prädestinierte working mum, allzu lange werde ich also nicht von der Bildfläche verschwinden!

Liebe Tanja, vielen Dank für das Gespräch und für dich und das Cappelletti alles Gute!

(Fotos: Anija Schlichenmaier, Tanja Cappell)